Pirmin Huber: «Techno und Ländler liegen sehr nah beieinander»

Portraitserie «Get Going!» 2020

Pirmin Huber ⎪ Foto @GM Castelberg



Elektronisch bearbeitete Alltagsgeräusche gemeinsam mit Elementen der Ländlermusik zu einem neuen Hörerlebnis verschmelzen: Dies will der Kontrabassist und Komponist Pirmin Huber für sein neues Projekt erarbeiten und realisieren. Der «Get Going!»-Beitrag unterstützt ihn bei seinem Vorhaben.

Der Schwyzer Komponist und Kontrabassist Pirmin Huber experimentiert seit dem Abschluss seines Jazzstudiums (Schwerpunkt Komposition) an der Hochschule Luzern mit neuen Möglichkeiten, Schweizer Volksmusik mit anderen Genres zu neuen Sounds zu verbinden. Ob als Solist oder als Mitglied des «Ländlerorchesters», bei «Stereokulisse», «Ambäck» oder in der Formation «Gläuffig»: Huber kartographiert die Volksmusik neu und verbrüdert sie mit Techno, Jazz, Klassik oder Elektronik. Nun will Huber mit Hilfe elektronisch manipulierter Alltagsgeräusche und den volksmusikalischen Klängen seines Kontrabasses und anderer von ihm gespielten Instrument eine Art «field recording»-Forschung betreiben. Das Ganze soll in ein Werk münden, das unsere Hörgewohnheiten herausfordert und so die Welt in dieser aussergewöhnlichen Zeit widerspiegelt.

Pirmin Huber, wie ist die Idee zu diesem Projekt entstanden?

Pirmin Huber: Ich komme ursprünglich aus der Volksmusik, also aus der akustischen Musik, und bin immer mehr in die elektronische Musik hineingerutscht. Durch das Tüfteln mit neuen Aufnahmetechniken sind mir Ideen gekommen, die ich weiterentwickeln möchte. Ich bin auf einem Bauernhof aufgewachsen und wir hatten dort auch eine Schreinerei. Die Geräusche der Säge wie alle anderen Klänge faszinierten mich und ich versuchte schon damals, sie mit meinen Musikinstrumenten nachzuspielen. Bei meinem «Get Going!»-Projekt gehe ich von den Klängen aus, die ich mit meinen Instrumenten, Kontrabass, Schwyzerörgeli, Gitarre, Klavier oder Glarner Zither schaffen kann und verbinde sie mit gesampleten Alltagsgeräuschen, die ich mit Hilfe der Elektronik verfremde. Seit meiner Jugend verfolgt mich die Frage: Wie lässt sich aus diesen Klängen Musik machen? Jetzt kann ich mir einige Tools leisten und erhalte damit die Möglichkeit, mich mit dem Projekt eingehend zu beschäftigen.

Was entsteht dabei zuerst? Die Klangsammlung und danach die Komposition oder ist es umgekehrt.

Es ist ein sowohl als auch, ein Miteinander beider Dinge. Bei der Arbeit eröffnen sich immer neue Möglichkeiten. Es ist ein Prozess. Es ist mir wichtig, dass ich mit meiner Musik eine ganz bestimmte Stimmung erzeuge. Das fertige Werk wird aus mehreren Stücken bestehen, die ineinanderfliessen oder zumindest aufeinander Bezug nehmen. Man könnte es als eine Art Suite bezeichnen.

Sie wandeln mit einer Leichtigkeit durch verschiedene Stile. Als Bassist sind Sie stets der Pulsgeber. Lassen sich aus dieser Position Verwandtschaften oder Schnittstellen ausmachen zwischen Volksmusik, Klassik, Jazz, Pop, Rock oder Techno?

Das kann sein. Auf jeden Fall liegen Techno und Ländler sehr nah beieinander. Dies mag von aussen schwer nachvollziehbar sein (lacht), aber die Energie, die beim Spielen entsteht, ist sowohl bei Techno wie bei der Ländlermusik, die ja auch Tanzmusik ist, dieselbe. Ich glaube, man muss erstmal beides gespielt haben, um diese Gemeinsamkeit zu erfahren. Ich versuche denn auch in meinem Projekt eine Art modernen Ländler mit Elektronik und Grooves zu schaffen.

Natur und Urbanität: Sind diese Reibungspunkte für Sie notwendige Inspiration?

Ich brauche beides. Sobald das eine nicht mehr da ist, fehlt mir etwas. Deshalb ist es wohl auch logisch, dass ich diese Pole zusammenfügen möchte. Ich habe seit längerer Zeit drei Standbeine: Volksmusik, zeitgenössische Musik und Techno. In meiner Empfindung sind sie aber eins.

Der «Get Going!»-Beitrag ist als Anstossfinanzierung gedacht und befreit von einem Resultat. Was halten Sie von diesem Fördermodell?

Ich finde es grossartig! Die so gewonnene Freiheit gibt einem Ansporn, etwas Grösseres dann wirklich auch durchziehen zu können. Die Idee für mein Projekt hatte ich ja schon seit Längerem, aber dann kamen immer wieder Dinge dazwischen. Und vieles hängt letztlich daran, ob man ein solches Projekt finanziell stemmen und auch stressfrei durchziehen kann. «Get Going!» erlaubt es mir, genau dies zu tun.

Interview: Rudolf Amstutz


pirminhuber.com

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PIRMIN HUBER

29.08.2021


Seit 2018 existiert «Get Going!» als Förderangebot der FONDATION SUISA. Mit dieser neuen Form eines Werkbeitrages werden kreative und künstlerische Prozesse finanziell angestossen, die sich ausserhalb der gängigen Kategorien befinden.

Das Duo Zwahlen/Bergeron will bislang Ungehörtes hör- und sichtbar machen

Portraitserie «Get Going!» 2019

Félix Bergeron ⎪ Foto ©Ludovic Schneiderovich



Auf der einen Seite die Jahrhunderte alte Tradition der Chormusik – auf der anderen die schier unendlichen Möglichkeiten elektronischer Musik. Jérémie Zwahlen und Félix Bergeron experimentieren im Spannungsfeld dieser zwei Pole, um etwas völlig Neues zu erschaffen. Der Get Going!-Beitrag unterstützt sie bei diesem Vorhaben.

Gegensätze ziehen sich bekanntlich an. Jérémie Zwahlen und Félix Bergeron, beide 33jährig, sitzen in einem Café in Lausanne und diskutieren über ihr Vorhaben, die lange Tradition der Chormusik mit Hilfe des elektronischen Experimentes neu zu definieren. Bergeron nutzt das Gespräch zu diesem Porträt gleich für ein Brainstorming. Präzise wie es sich für einen Schlagzeuger gehört, zählt er mit zunehmend komplexer werdender Rhythmik immer neue Möglichkeiten auf, wie die Verbindung von Alt und Neu, von Tradition und Avantgarde, umgesetzt werden könnte. Zwahlen hört mit stoischer Ruhe zu und ergänzt ab und zu mit pointierten Sätzen. Diese Art von Dialog scheint für ihn nichts Neues. «Félix ist wie eine ungemein starke Zigarette und ich bin der Superfilter, den man benutzt, um sie zu rauchen», meint Zwahlen und beide lachen.

Eigentlich besuchten die beiden bereits als Jugendliche die gleiche Schule in der Nähe von Lausanne, doch dann trennten sich die Wege. Bergeron trommelte bereits als Sechsjähriger, fand aber nie die endgültige Befriedigung bis er am Jazzfestival Willisau einen Soloauftritt von Lucas Niggli hörte. «Er benutzte neben den Drums auch Elektronik. Ich war völlig baff und wusste, das will ich auch!», erzählt Bergeron. Zwahlen dagegen wuchs in der Tradition der Blasmusik auf, in der er als Trompeter Mitglied einer Kapelle war, genau so wie sein Vater und Grossvater vor ihm. Die Mutter ihrerseits sang im Chor. «Im Gymnasium», so Zwahlen, «erzählten sie mir, ich wäre ein guter Musiklehrer und so begann ich dann meine Ausbildung.»

Beide besuchten sie die Haute Ecole de Musique Lausanne (HEMU), «aber ich studierte Jazz und Jérémie klassische Musik», erzählt Bergeron, «das waren zwei verschiedene Gebäude.» Was die beiden nicht wussten: Ihre Lebenspartnerinnen waren befreundet und so kam es, dass sie sich nach Jahren an einer Party wieder trafen. Als dann Zwahlen Bergeron bat, die Arbeit des von ihm geführten Chœur Auguste elektronisch zu unterstützen, kam ihnen die Idee einer Zusammenarbeit, die weit über das bislang Gewohnte und Gehörte hinausgehen sollte. «Natürlich gab es das schon, dass man Chor und Elektronik zusammenbrachte», sagt Bergeron, «aber da ersetzte man einfach die Orgel oder das Piano durch einen Synthesizer. So etwas interessiert uns nicht.»


Prädestiniert, um Neuland zu betreten sind beide, kratzen sie doch bereits in ihren individuellen Projekten stets an den stilistischen Grenzen und versuchen die musikalische Landschaft neu zu kartographieren. Zwahlen definiert mit seinen pointierten und konzeptionell ungewohnten Arrangements der Musik von Elvis Presley, Johnny Cash, Camille oder Queen nicht nur die choralen Gesetze neu, sondern betrachtet den Chor in seiner Summe als Körper: «Der Chor ist wie eine Skulptur, die atmet und die man bearbeiten kann. Und auch Félix arbeitet mit physisch erfahrbaren Vibrationen. Am Ende sollte man die Musik förmlich anfassen können.»

In der Tat ist Bergeron stark vom Skulpturalen beeinflusst. Neben seinen zahlreichen Projekten zwischen abstrakter Improvisation, Folk, Punk und Jazz, arbeitet er auch für das Theater und für Tanzcompagnien. In seinen «Brush Paintings» sorgt der Zufall für bildende Kunst, in dem er die Schlagzeugbesen mit Farbe versieht und die Becken mit Leinwänden. «In der spontanen Arbeit mit Elektronik lässt sich auch mit Willkürlichkeit arbeiten. Das interessiert mich. Ich sehe da unzählige Möglichkeiten, damit die traditionellen Formen der Chormusik aufzubrechen.»

Musik als Skulptur, die dem Publikum auch die Geheimnisse hinter deren Entstehung offenbaren soll. «Wir wollen, dass das Publikum sieht, was geschieht. Wie Komposition, Zufall, Arrangements und Improvisation sich gegenseitig beeinflussen. Unser Projekt soll über alle Sinne, die dem Publikum zur Verfügung stehen, erfahrbar werden», schildert Zwahlen den Ausgangspunkt und betont: «Meine Obsession besteht darin, dass ich sämtliche Arten von Musik so aufarbeiten möchte, dass sie allen Menschen Freude bereitet. Egal, ob es sich dabei um klassische Musik, Volksmusik, Jazz oder experimentelle Musik handelt.»

Es gäbe so viele musikalische, inhaltliche und visuelle Möglichkeiten, mit denen man bei einem solchen Projekt experimentieren könne, meinen beide und betonen, wie wichtig bei einem solchen Vorhaben die Faktoren Zeit und Geld seien. «Dank dem Beitrag von Get Going! ist es uns überhaupt erst möglich, Neuland in dieser Fülle zu betreten», strahlt Bergeron.

Jérémie Zwahlen und Félix Bergeron: Zwei von Musik Besessene, die ihre Begeisterung auch als Lehrer an der HEMU sowie der Ecole de jazz et musique actuelle (EJMA) in Lausanne und – im Falle Bergerons – zusätzlich an der Ecole Jeunesse & Musique in Blonay an nachkommende Generationen weitergeben. Gemeinsam formen sie die einzige Zigarette der Welt, die der Gesundheit nicht schadet. Im Gegenteil.

Rudolf Amstutz

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ZWAHLEN / BERGERON

24.08.2020

Jessiquoi – Von der Freiheit, sich selber zu erfinden

Portraitserie «Get Going!» 2019

Jessiquoi ⎪ Foto ⓒManuel Lopez



Die Identitätssuche ist ihre treibende kreative Kraft. Damit kreiert Jessica Plattner alias Jessiquoi ein audiovisuelles Gesamtkunstwerk. Sie sei «proppenvoll» mit Ideen, sagt die 31jährige Bernerin. Dank dem Get Going!-Beitrag steht der Verfolgung ihrer Ziele nichts mehr im Wege.

«Wenn ich einmal gross bin, dann möchte ich einen Konzertflügel auf der Bühne haben», sagt Jessica Plattner und lacht ob dem gewählten Ausdruck. Natürlich ist die 31jährige längst erwachsen, doch die Aussage deutet eben auch darauf hin, dass sie sich als Künstlerin auf einem Pfad der Weiterentwicklung sieht, der noch längst nicht abgeschlossen ist. Und dies obwohl sie mit ihrem Alter Ego Jessiquoi zu den beeindruckendsten Schweizer Acts gehört. Sie komponiert und produziert sich selber. Sie ist zuständig für das Visuelle und kreiert laufend phantastische Welten, in denen sich Jessiquoi mit Hilfe von mal brachialen, mal zärtlichen Electro-Klangwelten stets neu erfindet, neu definiert.

«Für mich ist Identität etwas Flüssiges», sagt Jessica und zitiert Drag Queen Ru Paul: «You’re born naked. The rest is drag.» Und fügt dann an: «Ich denke, jeder Mensch hat die Freiheit, sich neu zu erfinden. Es bedarf auch keiner Rechtfertigung, wenn ein Mensch sein Leben in eine völlig neue Richtung lenkt. Es ist wie in einem Video Game, wo jede und jeder für sich seinen eigenen Avatar bestimmen kann.» 

Die Identitätssuche als treibende kreative Kraft: Bei Jessica liegt dies auch in ihrer aussergewöhnlichen Biographie begründet. Sie wurde in Bern geboren. Kurz darauf wanderte die Familie nach Australien aus. Als sie im Teenager-Alter war, wurde ihrem Vater ein Job am Konservatorium in Bern angeboten und die Familie zog zurück in die Schweiz. Damit wurde auch der noch junge Lebenslauf in andere Bahnen gelenkt. Jessica wollte professionelle Tänzerin werden und besuchte dafür in Sidney bereits die notwendige Ausbildung. Zudem sprachen die Plattners zuhause ausschliesslich Englisch. «Wenn ich meine tänzerische Karriere hätte fortsetzen wollen, dann hätte ich nach Rotterdam oder Berlin gehen müssen. Aber ich wollte bei meiner Familie sein», sagt sie. «Ich hatte in Bern anfänglich das Gefühl Ausländerin zu sein und fühlte mich ausgegrenzt. Erst als ich Berndeutsch zu sprechen begann, waren plötzlich alle nett.» Die Sprache fiel ihr leicht, ihr Deutschlehrer gab ihr gar den Übernamen «Tape Recorder», «weil ich alles so perfekt wiedergeben konnte», lacht sie.

Die Suche nach der eigenen Identität in dieser fremden Heimat mündete dann – dem Tanz beraubt – in der Musik. «Wir hatten immer schon ein Klavier zuhause, aber das hatte ich früher nie angerührt. Ich hatte zwar mal kurz Unterricht, aber ich fand dies furchtbar. Doch plötzlich begann ich jeden Tag an eigenen Songs zu basteln», schildert sie ihre musikalischen Anfänge. 

Aber als wäre der Verlust der gewohnten Umgebung nicht bitter genug, erlitt Jessica vor sieben Jahren den wohl schmerzlichsten Schicksalsschlag, den man sich vorstellen kann. Ihr um zwei Jahre jüngerer Bruder starb. «Wir teilten uns alles und wurden von aussen oft gar als Zwillinge wahrgenommen», sagt sie und erzählt dann, wie der Bruder es war, der sie für die Welt der Video Games und Filmsoundtracks begeistern konnte.

Und genau dort, in jenen Welten, wo sich jeder neu erfinden kann, fand Jessica als Jessiquoi ihre neue Heimat. «Man könnte sagen, dass Jessiquoi eine Kunstfigur ist, aber in Wahrheit ist sie eigentlich eine andere Version von mir», sagt sie und ergänzt: «Die Figur kann auch Angst machen, weil Jessiquoi sich nicht in unserem fixen System der klaren Geschlechterrollen und nationalen Identitäten bewegt.»

Jetzt erzählt sie auf ihren Alben von eben diesen fremden Welten, in denen die Täler verseucht sind und die Menschen sich auf die Gipfel der Berge flüchten und wo Piloten in der Lage sind, Richtung einer besseren Existenz zu fliegen. Auf der Bühne setzt sie diese alternative Existenz ganz alleine um. Auf einem Holzwagen hat sie die elektronischen Instrumente und die Kommandozentrale für die visuellen Effekte und so betanzt und bespielt Jessiquoi als Alleinherrscherin die Bühne, die ein Ort der Selbstbestimmung und der ständigen Neupositionierung ist. Jessiqoui erschafft ein in seiner Kompromisslosigkeit beeindruckendes Gesamtkunstwerk, mit dem sie auch schon in Sevilla oder New York für Begeisterung sorgte.

Der Holzwagen – oder wie sie ihn nennt – das «Wägeli» ist wie auch die chinesische Harfe, die sie live spielt, eine Reminiszenz an die chinesische Kultur, zu der sie eine grosse Affinität besitzt. «In der Sprachschule konnte mich eine chinesische Freundin für ihre Kultur begeistern. Und einmal als ich in China war – es war drei Uhr morgens in Shanghai – wollte ich noch was essen und da war diese alte Frau mit ihrem Holzwagen, die darauf das Essen kochte. Dieser alte Wagen inmitten dieser Metropole: Das war ein Bild, das mich nie mehr los liess. Ich wollte diese Frau sein», erzählt sie und schmunzelt.

Selbstbestimmung ohne Wenn und Aber und die Freiheit, das eigene Ich im flüssigen Zustand zu erhalten, sieht Jessica als Notwendigkeit für ihre Kunst an. «Für mich ist die Hauptaufgabe von Künstlerinnen und Künstlern, die Zukunft unserer Zivilisation neu zu träumen oder sichtbar zu machen, weil diese die Welt und die Menschen um sich herum aufnehmen, analysieren, kritisieren und neu formulieren.»

Dank dem Get Going!-Beitrag steht dieser spannenden Entwicklung nichts im Wege. «Ich habe mich über Konzerte finanzieren müssen, darunter litt die Zeit, um an neuen Songs zu basteln. Jetzt habe ich auf einen Schlag mein Jahresbudget zur Verfügung», strahlt sie. Wohin die Reise sie letztlich führen wird, ist völlig offen: «Ich weiss nicht, was ich morgen für Musik machen werde. Sie kommt einfach. Aber ich werde mir aus marktstrategischen Gründen nie vorschreiben lassen, wie ich zu klingen habe. Ich arbeite an meiner Identität. Ich. Nur ich allein.»

Rudolf Amstutz


jessiquoi.com

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JESSIQUOI

18.08.2020

Anna Gosteli:  «Ich weiss nie, wo mich was hinführt»

Portraitserie «Get Going!» 2019

Anna Gosteli ⎪ Foto ©Manuel Vescoli



Trotz herausragender Ausbildung und kommerziellen Erfolgen in zahlreichen Bands: Zu oft brillierte Anna Gosteli im Hintergrund. Nun emanzipiert sich die 35jährige Solothurnerin und findet in der Summe ihrer zahlreichen Erfahrungen zu lang ersehnter musikalischer Identität. Der Get Going!-Beitrag 2019 sorgt dabei für die nötige finanzielle Unabhängigkeit.

Puzzleteile wie Mosaiksteine – lose verteilt schimmern sie in allen möglichen Farben und doch: Ein Gesamtbild fehlt. Für die Identität des fertigen Bildes fehlt die richtige Anordnung, der richtige Verlauf. «Von allem etwas und nichts richtig», umschreibt Anna Gosteli diesen Zustand, in dem sie sich Jahre befand. Und dies, obwohl sich diese einzelnen Puzzleteile sehen respektive hören lassen können: Mit sieben Jahren Klavierunterricht, danach Klarinette, später Schulchor. Zuhause im österreichischen Vorarlberg auch eine gitarrenspielende Mutter und ein Saxophon spielender Vater. «Ich kam schon als Kind mit allen möglichen Stilen in Kontakt, mit Evergreens und mit Schlager und immer war bei uns ein Instrument zur Hand, um zu musizieren.»

Mit 14 dann der Wechsel in die Schweiz. Wieder ein neuer Mosaikstein, auf den in regelmässigen Abständen immer neue Teile folgen. Mit 21 wird sie Mitglied des Basler ArtPop-Kollektivs The bianca Story. Einer steilen Karriere scheint nichts im Wege. Auftritte an der Deutschen Oper Berlin, Aufnahmen in den Abbey Road Studios in London, und doch: «Ich war zu Beginn das Mäuschen in der Band», sagt die 35jährige heute und fügt rasch an: «Dieses Empfinden hatte ich ganz persönlich, das lag nicht an meinen männlichen Kollegen. Die behandelten mich stets als gleichwertiges Mitglied.» Als äusserst talentierte Sängerin war Gosteli trotz internationalem Erfolg stets die zweite Stimme. Kombiniert mit ihrer zurückhaltenden Art hinterliess dieser Zustand in ihr ein Gefühl, dass da eigentlich mehr sein könnte.

Mit dem Besuch der Jazzschule in Basel begann die Emanzipation. Komposition bei Hans Feigenwinter, Gesang bei Lisette Spinnler und Harmonielehre bei Lester Menezes. Heute kann sie darüber lachen, aber «damals habe ich geweint, wenn Lester mich wieder genervt darauf aufmerksam gemacht hat, dass das, was ich mache, langweilig sei. Ich würde zu schön singen.» Letztlich entpuppte sich diese Hassliebe als wichtiger Motor, um aus den zugeordneten Rollen auszubrechen und auf die innere Stimme zu hören. Langsam aber sicher schienen sich die über Jahre gesammelten Puzzleteile zu ergänzen. Es wuchs die Gewissheit, dass sich dahinter womöglich ein grosses, in sich stimmiges Bild verbirgt.

Mit Fabian Chiquet von The bianca Story gründete sie Chiqanne. Gemeinsam kreieren sie wunderbare Popsongs mit Tiefgang. «Plötzlich schrieb ich Texte in deutscher Sprache und stand auf der Bühne ganz vorne.» Doch der entscheidende Schritt beim Zusammensetzen des Puzzles sollte sich erst mit «Dr Schnuu und sini Tierli» ergeben, mit einer Sammlung von Liedern für Kinder – und wichtig – auch für deren Eltern. Geplant war dies nicht, wie so Vieles in der abwechslungsreichen Karriere. «Ich weiss nie, wo mich was hinführt. Aber das ist ja auch irgendwie ein Konzept», lacht sie.

Es war an Weihnachten, als die Mutter eines heute sechsjährigen Sohnes, noch ein Geschenk für die Kinder ihrer Freunde brauchte. «Und weil ich damals arg in Geldnot war, habe ich halt ein Lied geschrieben und jedem Kind eine Strophe geschenkt.» Auf den Song übers «Federvieh» folgte der «Biber», den sie als Dank für den Berliner Wohnungsaufenthalt dem Filmkomponisten Biber Gullatz schenkte, mit dem sie für die Vertonung von Fernsehfilmen oft zusammenarbeitet. «Erst da kam mir der Gedanke, eine Sammlung von Kinderliedern zu schreiben.»

Es sind genau diese Lieder, hinter denen sich schon fast die Summe aller musikalischen Erfahrungen verbirgt, die Gosteli in ihrer Karriere gesammelt hat, und die darauf hindeuten, dass sich das Puzzle zu einem schillernden Werk fügen wird. Mit viel Schalk, aber auch mit ungemein psychologischem Tiefgang, zeigen diese Lieder Gostelis textliches Talent, während sich in der Musik – die sie gemeinsam mit Gitarristin Martina Stutz auf die Bühne bringt – die stilistische Reise vom Evergreen über den Schlager zum Popsong bis hin zum Jazz widerspiegelt.

«Ich sprudle zurzeit von Ideen», sagt Gosteli, die am Guggenheim in Liestal Gesang unterrichtet und für «helvetiarockt» den «Female Bandworkshop» in Co-Leitung mit Evelinn Trouble führt. Und last but not least nimmt sie in der neu gegründeten Formation Kid Empress nun Anlauf, das Puzzle ganz nah an dessen Vervollständigung zu bringen. «Endlich», sagt Gosteli, «habe ich drei musikalisch Gleichgesinnte. Wir treffen die Entscheidungen gemeinsam, und dies, ohne dabei Kompromisse eingehen zu müssen.» 

Der «Schnuu» und der stilübergreifende Sound von Kid Empress deuten bereits eindrücklich an, dass sich das anfängliche «Von allem etwas und nichts richtig» zu einer eigenständigen Identität verdichtet. «Der Get Going!-Beitrag gibt mir gerade zur richtigen Zeit die nötige finanzielle Luft, um mich in eben diese neuen kreativen Abenteuer stürzen zu können.» Und dann strahlt sie noch einmal über das ganze Gesicht.

Rudolf Amstutz

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ANNA GOSTELI

10.08.2020

Michel Barengo – Soundsammler und Klangtüftler jenseits der Komfortzone

Portraitserie «Get Going!» 2019

Michel Barengo ⎪ Foto ⓒMichel Barengo



Möglichst vieles aufsaugen und dann verarbeiten. Das ist das Credo von Michel Barengo. Der 37jährige Zürcher verweigert sich jeglicher Komfortzonen und kann nun dank dem Get Going!-Beitrag seinem kreativen Drang in der japanischen Underground-Szene nachgehen.

Kuhglocken, das Meckern von Ziegen, quietschende Türen, gackernde Hennen, das sanfte Rauschen des Windes in den Bäumen, Polizeisirenen oder das Plätschern von Wasser: Es gibt nichts an Klingendem, das Michel Barengo nicht interessieren würde. Er ist ein unermüdlicher Sammler von Sounds, der sich im heimischen Studio eine beachtliche Audiothek an Klängen aller Schattierungen angelegt hat. «Sitze einfach mal zehn Minuten mit geschlossenen Augen an einer Busstation. Unglaublich, was da alles abgeht», strahlt er und die Lust des Klangarchitekten ist unmissverständlich im Leuchten seiner Augen zu sehen.

Nun ist der 37jährige Zürcher nicht einfach ein Bastler mit einem Hang zum Do-it-Yourself-Musizieren, sondern gehört zu den gefragtesten Protagonisten, wenn es um die Vertonung von Video Games oder Klangkulissen fürs Theater geht. 2016 gewann er den Preis der FONDATION SUISA für die beste Musik in einem Video Game. Doch solche Auftragsarbeiten sind nur der eine Teil der Arbeit dieses Tausendsassas, der mit klaren Vorstellungen seine eigene musikalische Identität vorantreibt.

Das Rüstzeug, das er sich angelegt hat, um die kreativen Ideen professionell umsetzen zu können, ist beeindruckend. Mit fünf begann er Geige und Schlagzeug zu spielen, danach hatte er mit seinen Brüdern diverse Garagenbands. Sie spielten Punk, Metal und Alternative Rock. Beeinflusst von Mr. Bungle und Fantômas, den Projekten des kalifornischen Sängers Mike Patton, folgte Barengo dessen Pfad und landete unweigerlich bei der Musik des experimentellen New Yorker Saxophonisten John Zorn. «Grand Guignol», das Album von Zorns Band Naked City, war im Leben des noch jungen Michel Barengo die wohl einschneidenste Erfahrung. Brachial und subtil zugleich dekonstruiert und rekonstruiert Zorn in atemberaubender Geschwindigkeit die Musik und schöpft aus unzähligen kleinsten Fragmenten eine zuvor ungehörte, explosive Klangwolke.

«Zorns Affinität für den japanischen Underground hat dazu geführt, dass ich mich mehr und mehr für die dortige Grindcore- und Experimental-Szene zu interessieren begann. Bands wie Ground Zero, Korekyojinn oder Ruins mit Tatsuya Yoshida am Schlagzeug, aber auch Otomo Yoshihide an den Turntables und Gitarre. Das war entscheidend für meine eigenen experimentellen Sachen», erklärt Barengo. Die Einflüsse sind in seinen beiden Bandprojekten, dem Jazzcore Trio Platypus und der Grind Noise Band Five Pound Pocket Universe (5PPU) nicht zu überhören.

Dass sich Barengo mit einer Leichtigkeit durch seinen Klangkosmos bewegen kann und zwischen dem eigenen künstlerischen Weg und den Auftragsarbeiten immer wieder Brücken bauen kann über die er sich leichtfüssig tänzelnd hin und her bewegt, hat mit der professionellen Ausbildung zu tun. An der Winterthur Academy for Modern Music (WIAM) hat er sich zum Jazzschlagzeuger ausbilden lassen und an der Zürcher Hochschule der Künste (ZHdK) erwarb er sich den Master in Komposition für Film, Theater und Medien.

Ob opulente, an Hollywood erinnernde Klänge für ein Video Game, brachial geschliffene Miniaturen seiner Band 5PPU oder pointierte Sample-Collagen bei Platypus: Barengos Eklektik nährt sich immer aus dem Drang eine ganz eigene Ästhetik zu schaffen. Eine, die sich der Vorhersage verweigert und die Hörerschaft nicht zur Ruhe kommen lässt, weil hinter jedem einzelnen Ton ein anderer lauern könnte, der überrascht, hinterfragt oder den zuvor gelegten Pfad in Windeseile völlig neu kartographiert.

Die Art der Arbeit liegt auch im Charakter ihres Schöpfers begründet. «Ich bin ein rastloser Typ», sagt Barengo über sich selbst. «Es gibt so vieles, das mich interessiert. Mir wird auch schnell langweilig. Ich muss einfach Dinge ausprobieren. Das ist doch, was einen letztlich antreibt: Möglichst vieles aufsaugen und dann verarbeiten. Ich mag Extreme und viel Abwechslung», sagt er und fügt dann lachend hinzu: «Das liegt wohl daran, dass ich mit 13 ‹Grand Guignol› gehört habe. Das hab ich nun davon.»

Erst abseits der Komfortzone fühlt sich Barengo wohl. Und im Spannungsfeld zweier Extreme liegt auch sein Get Going!-Projekt begründet. Es soll ihn dorthin führen, wo seit Jahrhunderten in der Diskrepanz zwischen Tradition und Moderne eine ungeheure kreative Spannung herrscht. Barengos Liebe zum japanischen Underground hat ihn schon rund ein Dutzend Mal in dieses Land geführt, nun will er dort ein dreiteiliges Unterfangen initiieren. «Konkret schwebt mir ein Projekt mit drei Phasen bestehend aus zwei Japanaufenthalten und deren Reflexion und Weiterverarbeitung in der Schweiz vor», erklärt er. «Zuerst möchte ich mich anhand von Impro-Sessions mit der Tokioer Underground Szene mit traditioneller japanischer Musik und deren Adaption in die zeitgenössische Musik auseinandersetzen. Danach werde ich mich in 12 Hotels mit ebenso vielen japanischen Musikern treffen, mit denen ich jeweils in einem Zimmer einen Track aufnehmen werde, der aus Geräuschen besteht, die ich im jeweiligen Hotel aufgenommen habe. Und last but not least, werde ich in der Schweiz alles aufgenommene Material sichten und für künftige Kompositionsprojekte archivieren und zu meiner persönlichen Sound Library verarbeiten.» Die Vorfreude darüber ist gross das alles dank der finanziellen Unterstützung durch den Get Going!-Beitrag realisieren zu können. «Mein Projekt passt in keine existierende Sparte. Es ist weder eine Album Produktion noch eine Tournee. Und es ist auch kein Atelieraufenthalt. Get Going! befreit mich auf meinem kreativen Weg von jeglichen Zwängen und Kompromissen. Einfach genial!», strahlt er. Und wenn jetzt auch die Reise wegen des Coronavirus ein Jahr verschoben werden musste: Dem Soundsammler und Klangtüftler werden auch in heimischen Gefilden die Ideen nicht so schnell ausgehen.

Rudolf Amstutz


michelbarengo.com

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MICHEL BARENGO

10.08.2020

Michael Künstle – «Orchestral Spaces» oder wenn Musik beim Hören räumlich fassbar wird

Portraitserie Get Going! 2018

Michael Künstle ⎪ Foto ⓒZakvan Biljon



Der Komponist Michael Künstle setzt sich in seinem Werk mit dem Wechselspiel zwischen klanglicher Dramaturgie und dramaturgischen Klängen auseinander. Nun möchte der 27-jährige Basler in seiner Forschung noch einen Schritt weiter gehen und den Klang eines Orchesters für den Hörer räumlich erfahrbar werden lassen. Die FONDATION SUISA unterstützt dieses Vorhaben finanziell mit einem Get Going!-Beitrag.

Als Michael Künstle 2012 den 1. Internationalen Filmmusikwettbewerb des Zurich Film Festivals gewann, kam dies für den damals erst 21-Jährigen völlig überraschend. «Ich stand damals erst am Anfang meines Studiums», sagt er heute und fügt gleich hinzu: «Ich begreife erst jetzt die Bedeutung dieses Preises. Er war eine Art Initialzündung, auch weil er bis heute eine Kompetenzauszeichnung ist, die einem niemand wegnehmen kann.»

Künstle setzte sich damals gegen 144 Mitbewerberinnen und -bewerber aus 27 Ländern durch, die alle die exakt selbe Aufgabe erfüllen mussten: die Vertonung des Kurztrickfilms «Evermore» von Philip Hofmänner. Wer sich den Film heute ansieht, kann erahnen, was die Jury damals beeindruckt haben mag: Künstle verblüffte mit subtilen Klängen, die sich ganz in den Dienst der filmischen Erzählung stellten.

«Das Tolle an Filmmusik ist, dass sie das Resultat eines engen Austausches mit anderen ist. Ein Film ist ein Zusammenspiel von unzähligen Leuten und es gilt, sämtliche Aspekte zu berücksichtigen: Kameraführung, Farbsetzung oder Ausstattung», erklärt Künstle seine Faszination für das Genre. «Die grösste Herausforderung ist im Film, mit der Musik die Dinge zu sagen, die durch das Visuelle oder das Gesprochene noch nicht gesagt wurden, aber massgeblich wichtig sind, um die Geschichte richtig zu Ende zu erzählen.»

Ob in Gabriel Baurs «Glow», «Sohn meines Vaters» von Jeshua Dreyfus oder «Cadavre Exquis» von Viola von Scarpatetti: Die Liste der Filme, in denen Künstle für den Soundtrack verantwortlich zeichnet wird immer länger. Die Begeisterung mit der Künstle sein Fachwissen und seinen Wissensdurst vermittelt, wirkt im Gespräch ansteckend. Auch wenn er von den Grossen des Fachs erzählt: über das kompositorische Wissen eines Bernard Herrmanns etwa oder von der einzigartigen Fähigkeit von John Williams, «dessen Werke ohne Film klar wie Orchesterwerke klingen, und dennoch sind sie perfekt auf den Film abgestimmt. Das ist unglaublich schwierig zu bewerkstelligen, weil die symphonische Musik traditionellerweise dichtere Erzählstrukturen erlaubt als ein Film.»

Obwohl er in seiner eigenen Arbeit zwischen Konzertmusik und Filmscore klar unterscheidet, gibt er zu, «dass man das eine, wenn man das andere macht, nie gänzlich abstellen kann.» Elemente, die er in Zusammenarbeit mit der Regisseurin Gabriel Baur für den Film «Glow» erarbeitet hatte, flossen ein in das Stück «Résonance», das 2016 vom Trio Eclipse aufgeführt wurde. «Aber in meiner Konzertmusik geht es hauptsächlich um kompositorische Formen und strukturelle Ideen, die sich im Film nicht umsetzen lassen.»

Aus einem anderen wichtigen Aspekt in Künstles Schaffen ist letztlich auch die Idee für das Projekt entstanden, das nun von der FONDATION SUISA im Rahmen von «Get Going!» mitfinanziert wird. Künstle verfolgt – wie er betont – eine Philosophie des «Echten» und dazu gehört auch eine möglichst genaue Abbildung einer Aufführung durch modernste Aufnahmemöglichkeiten. Gemeinsam mit seinem Arbeitspartner Daniel Dettwiler, der in Basel das «Idee und Klang»-Studio besitzt und seit Jahren an neuen Aufnahmemöglichkeiten forscht, möchte Künstle versuchen, eine Raum-Komposition zu schaffen, und zwar so, dass sie auf eine noch nie dagewesene Weise auditiv erlebbar wird.

«In der zeitgenössischen Musik setzt man den Raum oft gleich mit anderen kompositorischen Elementen wie Motiv oder Rhythmus, nur geht dieser wesentliche Aspekt in der Aufnahme häufig verloren», erläutert er den Ausgangspunkt. «Ich will erreichen, dass man den dreidimensionalen Raum, der vom Orchester während der Aufnahme ausgefüllt wurde, sich unter Kopfhörer so anhört, als könne man die Musik förmlich anfassen.» Lange Jahre war diese Erforschung und in gewisser Weise auch die Eroberung dieser «Orchestral Spaces» für Künstle nur eine Idee, weil – wie er betont – «man dies nur umsetzen kann in einem Studio mit dem bestmöglichen Klang und mit den besten Mikrophonen, die es gibt.» Dank «Get Going!» wird nun dieser nächste Schritt in dieser audiophilen Revolution Realität, und zwar in den altehrwürdigen Abbey Road Studios in London mit einem 80-köpfigen Orchester. Dafür wird Künstle eine Komposition schreiben, in dem der Raum, in dem aufgenommen wird, eine zentrale Rolle spielt. «Ich möchte den Kompositionsprozess umdrehen», unterstreicht er das Anliegen seines Projektes. Das sei wie bei der Filmmusik, fügt er noch an. Auch dort gehe man zuallererst vom Gehörten aus. Womit der Kreis wieder geschlossen wäre.

Rudolf Amstutz


michaelkuenstle.ch

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MICHAEL KÜNSTLE

10.09.2019

Beat Gysin ⎪ «Get Going!» 2018

Portraitserie «Get Going!» 2018

Beat Gysin ⎪ Foto ©Roland Schmid



Beat Gysin – Unterwegs im und mit dem Raum

Ort, Zeit und Raum spielen in den Arbeiten des Komponisten Beat Gysin eine zentrale Rolle. In seiner sechsteiligen «Leichtbautenreihe» konzipiert er dafür speziell Räume, um das Publikum mit wechselnden Klang- und Raumerfahrungen zu konfrontieren. Ab 2021 soll der zweite Teil des aufwändigen Projekt realisiert werden. Die FONDATION SUISA unterstützt dieses Vorhaben finanziell mit einem Get Going!-Beitrag.

Chemie und Musik: Geht das zusammen? Was anfänglich wie ein Widerspruch erscheint, macht in der Biografie von Beat Gysin durchaus Sinn. Aufgewachsen in einer Musikerfamilie, hat sich Gysin dafür entschieden, neben Komposition und Musiktheorie auch noch Chemie zu studieren. Der wissenschaftliche Ansatz und das empirische Auswerten eines experimentellen Ansatzes sind für ihn genauso wichtig wie das musische Element. «Ich wollte mit meiner Musik nie berühmt werden. Ich wollte mit und in der Musik immer Antworten finden», erklärt der heute 50jährige Basler.

Sein Werkverzeichnis ist beeindruckend. Noch beeindruckender allerdings ist die Art und Weise, wie er seine Kompositionen zur Aufführung bringt. Gysin bewegt sich konsequent jenseits der Vervielfältigung und von Tonkonserven. Ort, Zeit und vor allem der Raum sind zwingende Elemente seiner Aufführungspraxis. In dieser Hinsicht ist Gysin weitaus mehr als «nur» Komponist und Musiker. Man muss schon Umschreibungen wie Forscher, Architekt, Vermittler und Philosoph bemühen, um letztlich das Gysinsche Universum zu begreifen.

«Mein Kern ist tatsächlich ein philosophischer», meint er dazu. «Es geht um die Wahrnehmung und ich stelle fest, dass die Musik in ihrer ganzen Rezeption aus dem Raum gefallen ist.» Man betrachte die Musik heute losgelöst von ihrer Aufführung, fügt er an und verweist damit auf einen zentralen Punkt seiner Arbeit: Das konsequente Zusammenspiel von Raum und Klang. «Wenn man ein Stück von mir aus dem Raum herausnimmt, dann ist dies etwa so, als würde man von einem Orchesterwerk eine Klavierpartitur anfertigen. Man kennt zwar dann die Töne, aber man hört das Orchester nicht.»

Mit bemerkenswerter Konsequenz, Akribie und Lust am Experiment lotet Gysin in seinen zahlreichen Projekten immer wieder aufs Neue das komplexe Zusammenspiel von Raum, Klang und der sich daraus ergebenden Wahrnehmung von Musik aus. Der Aufführungsraum wird Teil des Kunstwerks, das letztlich dem Publikum nicht nur eine völlig neue sinnliche Erfahrung bietet, sondern Gysin immer wieder neue Erkenntnisse liefert, um in der Folge wiederum einen neuen Ansatz und ein nächstes Projekt zu gestalten. «Ich will Dinge finden. Und erfinden», umschreibt er fast lakonisch seinen künstlerischen Antrieb. Dabei steht er als Komponist nicht zwingend im Mittelpunkt, sondern oft auch «nur» als konzeptioneller Leiter. Um den Austausch zu fördern, hat er in Basel das studio-klangraum sowie das Festival ZeitRäume Basel gegründet.

Ob in Kirchen mit ihren unterschiedlichen Klangeigenschaften, in leeren Wasserwerken mit einem bis zu 30 Sekunden dauernden Echo oder in stillgelegten Bergwerken, in denen eine fast perfekte Stille herrscht: Gysin entdeckt immer wieder neue Räume, die sich klanglich kartographieren lassen. Und wo der natürliche Raum für ein Weiterkommen nicht vorhanden ist, werden sie architektonisch konzipiert. Die sechsteilige «Leichtbautenreihe» ist nicht nur des verbundenen Aufwands wegen eines der zentralen Werke in Gysins Schaffen. Es repräsentiert auch den logischen nächsten Schritt: Räume zu schaffen, die sich transportieren lassen. Es handelt sich um sechs abstrakte Raumkonzepte, umgesetzt als pavillonartige Architekturen, die ungewohnte Hörsituationen und damit eine neue Wahrnehmung von Musik ermöglichen. «Chronos» bestand aus einer Karussell-artigen Drehbühne, bei «Gitter» wurden die Musiker «sphärisch» rund um das Publikum angeordnet, bei «Haus» in bestehenden Häusern Klangraumwanderungen möglich gemacht und in «Rohre», das kurz vor der Umsetzung steht (Uraufführung im Rahmen von ZeitRäume Basel im September 2019 im Innenhof des Kunstmuseums Basel), treffen das Publikum und die Musiker im wahrsten Sinne des Wortes in begehbaren Rohren aufeinander.

«In den abschliessenden zwei Teilen ab 2023», so Gysin, «möchte ich der Frage mobiler Anordnungen und ihrem Einfluss auf das Hören nachgehen. Beim einen Projekt sitzen Musiker und Publikum auf sich ständig bewegenden Wägelchen. Alles bleibt in Bewegung und der Raum wird ständig neu definiert. Und beim letzten Teil handelt es sich um einen aufgehängten Raum, der einem Ballon ähnlich immer wieder implodiert und sich wieder aufblasen lässt.» Solch aufwendige Projekte sind für einen Künstler nicht leicht zu finanzieren. «Man ist schon bei der Konzeption auf Hilfe angewiesen, und die kostet», weiss er und fügt gleich an: «Der Get Going!-Beitrag der FONDATION SUISA ist die perfekte Antwort auf diese Herausforderung. Es handelt sich um eine Art Finanzierung von Vorprojekten. Das existierte bislang in dieser Form nicht.»

In Zeiten der Eventisierung der Kultur, in der die Marketing-Experten dem Formalen mehr Beachtung schenken als dem Inhaltlichen, symbolisiert die «Leichtbautenreihe» auch eine Form der künstlerischen Gegenbewegung. «Der Vorteil ist, dass ich als Künstler das Event als Ganzes konzipiere», sagt Gysin und ergänzt: «Als Musiker ist man heute verpflichtet, sich in einer Welt der Reizüberflutung wieder selbst darum zu kümmern, die Musik zu verorten, weil sie ausserhalb ihres Kontextes nicht mehr verstanden werden kann.»

Rudolf Amstutz


beatgysin.ch

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BEAT GYSIN

16.09.2019

Eclecta – Von der unendlichen Lust am Experiment

Portraitserie «Get Going!» 2018

Eclecta ⎪ Foto ©Andrea Ebener



Das Duo Eclecta, der in Zürich und Winterthur ansässigen Andrina Bollinger und Marena Whitcher, experimentiert mit Klängen jenseits gängiger Definitionen und sucht den interdisziplinären Austausch mit anderen Künsten. Die FONDATION SUISA unterstützt dieses Vorhaben finanziell mit einem Get Going!-Beitrag.

Dort, wo die verbalen Definitionen der verschiedenen Künste implodieren; wo stilistische Schubladen nur noch als Relikt vergangener Zeiten existieren; dort, wo sich alles frei fliegend entfalten kann und sich laufend in immer neuen Mustern fortbewegt: Genau dort fühlen sich Eclecta zuhause. Eclecta, das sind Andrina Bollinger und Marena Whitcher – beide Solokünstlerinnen, Multiinstrumentalistinnen, Sängerinnen. Und beide sind – wie sie sich unisono beschreiben – «einfach neugierig». Das ist eine bescheidene Umschreibung. Es ist die pure Lust am Experiment, die die beiden antreibt. Obwohl Ende Zwanzig haben beide das jugendliche Staunen nicht verlernt, paaren dieses aber mit reifer Reflektion und schaffen es immer wieder, zusätzliche Elemente so in ihre Kunst einzubauen, dass das Resultat stets homogen bleibt.

Kennengelernt haben sich Andrina Bollinger und Marena Whitcher auf der Jazzschule, doch das war eigentlich bereits das zweite Aufeinandertreffen. «Wir waren uns schon als Kinder im Circolino Pipistrello begegnet», sagt Bollinger. Whitcher lacht und fügt hinzu: «Das haben wir aber erst später herausgefunden, dass das so war.» Dem Schicksal ist nicht zu entkommen und so kam es, wie es kommen musste: «Als Marena angefragt wurde für ein Solokonzert, hatte sie zu wenig Material, um den Auftritt alleine bestreiten zu können. So fragte sie mich an. Wir legten dann unsere Songs zusammen, damit hat alles begonnen», erzählt Bollinger.

«A Symmetry» hiess 2016 ihr erstes Album und das Wortspiel, das sich im Titel verbirgt, ist mehr als nur Programm, sind doch die beiden Frauen in ihrer Art und in ihrer Kunst eigentlich überzeugte Individualistinnen, die in zahlreichen Kollaborationen und Soloauftritten ihren eigenen Weg gehen. «Wir haben von Anfang an mit den zwei Figuren gespielt, die völlig anders sind. Eclecta lebt von dieser Dualität, dieser Asymmetrie, aber gleichzeitig haben wir eben auch die Möglichkeit uns ineinander zu verschmelzen», erklärt Whitcher und Bollinger ergänzt: «Wir können uns stimmlich angleichen, so dass man uns kaum auseinanderhalten kann. Der Albumtitel beschreibt dieses fortlaufende Spiel zwischen Symmetrie und Asymmetrie.»

Die 15 Songs, die wie erwähnt, jegliche Schubladisierung ignorieren und bewusst die zum Experiment ladenden stilistischen Zwischenräume kartographieren, sind in ihrer Summe ein schillerndes Kaleidoskop von Euphorie und Melancholie, von Lust und Nachdenklichkeit. Und so verblüffend «A Symmetry» auf den Hörer auch drei Jahre nach Erscheinen noch wirkt und immer neue Details an den Tag zu bringen vermag: Für die Protagonistinnen steht die Platte heute nur noch für eine Momentaufnahme in ihrem künstlerischen Prozess. «Auf unserem kommenden Album, das voraussichtlich Anfang 2020 erscheinen wird, wollen wir dieses Spiel noch weiter treiben, so dass sich das Ganze immer weiter verzahnt und verschachtelt.»

Wie dies dann klingen wird, «das bleibt zu diesem Zeit-punkt noch ein Geheimnis», meinen die beiden augenzwinkernd. Wenn sie von ihren Einflüssen erzählen, so reichen diese von gesellschaftlichen Themen bis hin zu Malerei, vom Theater bis zur Performance-Kunst, von Literatur bis zur Philosophie. Whitcher, die väterlicherseits amerikanische Wurzeln hat, ist von den Surrealisten begeistert und geht in ihren Auftritten Fragen nach wie «Was sind Monster heutzutage und weshalb brauchen wir sie?» oder «Luxusprobleme haben und Kunst machen – geht das zusammen?». Auch Bollinger ist es wichtig, politische und gesellschaftliche Aktualität in ihr Schaffen zu integrieren. So schreibt sie über Themen wie den Klimawandel, über Meinungsfreiheit oder die Digitalisierung und sucht nach Orten, wo uns Zahlen und Codes nicht beherrschen. Sie wiederum pendelt zwischen Zürich, Berlin und ihrer Engadiner Heimat und versucht mit einem Zoom-Recorder die Klänge dieser unterschiedlichen Räume einzufangen, weil – wie sie sagt – «es entscheidend ist, wo man sich befindet, wenn man kreativ tätig ist.»

Einer dieser kreativen Spielplätze ist auch die Bühne. Mit selbstgebastelten Instrumenten und Kostümen verwandeln sie einen Auftritt in eine Art Gesamtkunstwerk. Deshalb wollen sie in Zukunft auch verstärkt das Medium Video nutzen, um ihre Musik zu visualisieren. Aber dies ist nur eine von gefühlten tausend Ideen, mit der sich beide beschäftigen. Am Ende soll Eclecta auch ein Statement gegen den Zeitgeist sein: «In unserer individualisierten Gesellschaft ist jeder nur noch auf sich bezogen und der Blick nach aussen fällt völlig weg. Dafür ist doch Gemeinschaft ein Urbedürfnis des Menschen», meint Whitcher und Bollinger fügt an: «Ich sehe das schon auch als eine unserer Aufgaben an, mit unserer Kunst die Welt zu reflektieren und eine andere Denkweise anzuregen.»

Den Get Going!-Beitrag der FONDATION SUISA betrachten sie auf jeden Fall als eine extreme Befreiung. «Er schenkt uns etwas Kostbares, nämlich Zeit», sagt Bollinger. «Genau», unterstreicht Whitcher, «für die ungemein lange Zeit, die man investiert, um sich mit Themen zu befassen, zu recherchieren und Songs zu schreiben, wird man ansonsten nie bezahlt.» So gesehen ist Eclecta für diese Art von Förderung geradezu ein Paradebeispiel, weil sich die beiden jungen Frauen auf noch nicht gepflügten Äckern bewegen und mit ihrer Experimentierlust nun nicht mehr Gefahr laufen, zwischen Stuhl und Bank zu fallen.

Rudolf Amstutz


eclecta.ch

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ECLECTA

10.09.2019

Bertrand Denzler – Klangraumvermesser und Raumklangforscher

Portraitserie «Get Going!» 2018

Bertrand Denzler ⎪ Foto ⓒDimitry Shubin



Der Saxophonist Bertrand Denzler arbeitet im Spannungsfeld zwischen Improvisation und Komposition an immer neuen Ausdrucksmöglichkeiten. Nun beabsichtigt der 55-jährige Genfer mit Wohnsitz Paris anhand einer «wandernden Residenz» die Grenzen seines künstlerischen Dialogs mit anderen weiter auszudehnen. Die FONDATION SUISA unterstützt dieses Vorhaben finanziell mit einem Get Going!-Beitrag.

Unermüdlich, vielseitig und umtriebig sind nur drei Umschreibungen, wie man das künstlerische Wirken von Bertrand Denzler charakterisieren könnte. Wer sich auf seiner Website umsieht, fühlt sich erstmal ob der schieren Menge seiner Projekte und Formationen erschlagen. Denzler lacht: «Ich habe mittlerweile das Ganze etwas übersichtlicher gebündelt». In der Tat: Auf den zweiten Blick macht alles Sinn. Und wer in der Folge in die online verfügbaren Sounds eintaucht, kann sich Denzlers künstlerischer Vision kaum mehr erziehen. Die fein austarierten Klangskulpturen scheinen im ersten Moment eine einladende Einfachheit zu offenbaren. Doch dahinter lauert eine fast hypnotische Komplexität mit ungeheurer Sogwirkung.

«In meinen Kompositionen geht es nicht primär um die narrative Form, sondern um die innere Struktur. Deshalb erscheinen die Stücke relativ einfach, obwohl sie nicht einfach zu spielen sind. Der Musiker soll nicht von allzu vielen Ideen abgelenkt werden, er soll sich voll und ganz auf den Klang und dessen Präzision konzentrieren können», erklärt Denzler seine Absicht.

Er bezeichnet seine prozessorientierten Kompositionen als Raum. Meist sind sie nicht traditionell notiert, sondern in ihrer Struktur vorgegeben. «Ich will, dass man als Musiker involviert ist, mitdenken muss», betont Denzler. Und fügt an: «Oft ist bloss die zeitliche Struktur festgelegt, nicht aber die rhythmische. Die vorgegebenen Regeln lassen immer sehr viele Möglichkeiten offen.»

Denzler praktiziert dieses Vermessen des Raumes mit der gleichzeitigen Erforschung des Raumklangs mit verschiedensten Formationen, darunter das Trio Sowari, Hubbub, Denzler-Gerbal-Dörner, The Seen, Onceim oder Denzler-Grip-Johansson. Gleichzeitig bricht er auch immer wieder aus, improvisiert als Gastmusiker in Formationen wie Jonas Kocher’s internationalem Šalter Ensemble, im Duo mit Hans Koch oder ganz einfach solo.

Sein Lebenslauf, meint Denzler, sei eigentlich ziemlich typisch für einen europäischen Musiker seiner Generation. Angefangen hat dies mit klassischer Musik und gleichzeitigem privaten Hören von Pop und Rock. Der pure Wissensdurst hat ihn aber auch relativ rasch mit den verschiedensten Arten wie auf dieser Welt musiziert wird bekannt gemacht. «Und irgend wann», so Denzler, «wurde der Jazz zu meiner Hauptbeschäftigung, weil mich die Improvisation, also die Umsetzung des Denkens in Echtzeit, fasziniert hat.»

Auf den Jazz folgte die freie Musik, auch wenn Denzler heute noch von der Philosophie und dem improvisatorischen Ansatz von Grössen wie Albert Ayler und John Coltrane beeindruckt und wohl auch weiterhin beeinflusst ist. Im Gegensatz zu vielen Improvisatoren, die – wenn sie sich mal vom kompositorischen Ansatz abgewandt haben – nie mehr zurückkehren, hat Denzler für sich jenen Raum gefunden, der sich architektonisch aus dem Spannungsfeld von Improvisation und Komposition immer wieder aufs Neue bilden kann. «In den letzten zehn Jahren kam in mir das Gefühl auf, dass ich im immer gleichen System improvisiere. Ich hatte plötzlich wieder das Bedürfnis, innerhalb meiner Musik Strukturen aufzubauen.»

Die künstlerische Vision Denzlers ist nicht nur im übertragenen Sinne eine Art Forschungsreise: Er möchte diesen «Raum» als «wandernde Residenz» an geographisch unterschiedliche Orte tragen, um dort andere Musikerinnen und Musiker zu treffen und gemeinsam mit ihnen neue Musik entstehen zu lassen. Das Vorhaben scheiterte bislang nicht nur aus finanziellen Gründen, sondern auch weil ein solch offenes Projekt nicht den Rahmenbedingungen herkömmlicher Förderpolitik entspricht. Die Anstossfinanzierung durch den Get Going!-Beitrag der FONDATION SUISA macht die Umsetzung nun möglich, weil – so Denzler – «sie es mir erlaubt, der Kreativität zu folgen anstelle einer vordefinierten Bedingung.» Strahlend fügt er noch hinzu, es sei, als wäre der Werkbeitrag auf ihn zugeschnitten worden. Und in der Tat erinnert er in seiner Definition fast an eine Denzlersche Komposition, in der die vom Urheber definierten Strukturen noch ungeahnte Möglichkeiten offen lassen…

Rudolf Amstutz


bertranddenzler.com

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BERTRAND DENZLER

07.05.2019

BERTRAND DENZLER
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07.05.2019